Zum Schuljahr 2026/27 tritt bundesweit der Rechtsanspruch auf ganztägige Förderung für Kinder im Grundschulalter in Kraft. Er wird stufenweise eingeführt. Zunächst für die 1. Klassenstufe ab dem Schuljahr 2026/27, anschließend jährlich für die nächsthöhere Klassenstufe, bis 2029/30 alle Jahrgänge 1–4 erfasst sind. Der Anspruch umfasst eine verlässliche Förderung von Montag bis Freitag mit täglich bis zu acht Stunden und maximal vier Wochen Schließzeit (die landesrechtlich auszugestalten ist) pro Jahr.
Rechtsgrundlage ist das Ganztagsförderungsgesetz (GaFöG) aus dem Jahr 2021, das u. a. § 24 Abs. 4 SGB VIII eingeführt bzw. angepasst hat. Eltern haben einen Anspruch, keine Pflicht, das Angebot zu nutzen. Für Schleswig-Holstein konkretisiert das Bildungsministerium die Rahmenbedingungen und stellt begleitende Hinweise auf der Homepage des Ministeriums sowie in einer im Juli 2025 veröffentlichten Mitteilung bereit. Das Bildungsministerium hat darüber hinaus im März 2025 ein Rahmenkonzept zur Qualität im Ganztag für Kinder im Grundschulalter veröffentlicht. Das Konzept richtet sich an Schulleitungen, Lehrkräfte, das weitere pädagogisch tätige Personal an Schulen, die Schulträger sowie die zahlreichen Kooperationspartner. Es soll dabei unterstützen, den Ganztag gut zu gestalten und schrittweise die Qualität weiterzuentwickeln.
Für die Städte in Schleswig-Holstein liegen zwei der zentralen Regelungspunkte zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsförderung in den Bereichen Investitions- und Betriebskosten. Daher haben sich das Land und die Kommunale Landesverbände am 20.09.2023 auf ein Eckpunktepapier verständigt. Es wurde vereinbart, dass das Land 85 % der Investitionskosten für neu zu schaffende, rechtsanspruchserfüllende Ganztagsplätze rückwirkend für Maßnahmen ab dem 12.10.2021 übernimmt, wofür zunächst 196 Mio. Euro zur Verfügung gestellt wurden. Außerdem haben sich das Land und die Kommunen darauf geeinigt, sich ab dem Schuljahr 2026/27 nach Abzug zu entrichtender Elternbeiträge die verbleibenden Kosten für rechtsanspruchserfüllende Ganztagsplätze im Verhältnis von 75 % (Land) zu 25 % (Kommunen) zu teilen.
Nachdem auf dieser Grundlage bereits zahlreiche Ausbauprojekte einen Fördermittelbescheid erhalten hatten, drohte dem Ausbau der Ganztagsschulen eine Vollbremsung. Die zunächst verfügbaren Fördermittel sind nahezu vollständig gebunden. Für rund 180 Projekte mit einem Fördervolumen von 220 Mio. Euro drohte der Förderstopp (Pressemitteilung der kommunalen Landesverbände: Der Ganztagsausbau droht zu scheitern). Auch der im März 2025 durch das Bildungsministerium zur Anhörung gebrachte Entwurf einer Richtlinie zur Förderung der Betriebskosten für die Ganztagsbetreuung erfüllte die Erwartungen an die Vereinbarungen aus dem Eckpunktepapier nicht und erwies sich als zu verwaltungsaufwendig und nicht praxistauglich. Zudem berücksichtigte sie weder die bewährten, gewachsenen Strukturen der Ganztagsbetreuung noch war sie aufgrund der Förderlogik geeignet, die vom Land zugesagte finanzielle Beteiligung zu realisieren. Der angestrebte Finanzierungsanteil von 75 % wurde deutlich verfehlt.
In erneuten Verhandlungen konnten sowohl bei den Investitionskosten als auch bei den Betriebskosten entscheidende Weichen für das Gelingen des Ganztagsausbaus gestellt werden.
Investitionsprogramm Ganztagsausbau
Land und Kommunale Landesverbände haben mit Vereinbarung vom 15. Juli 2025 ihr gemeinsames Vorgehen bekräftigt. Das Land übernimmt bis zu 85 % der Investitionskosten und die kommunale Seite trägt 15 %. Sollte der Bund sein Investitionsprogramm ausweiten, wird der Landesanteil entsprechend angepasst. Die Landesregierung hat hierfür zusätzliche Mittel (u. a. aus dem Sondervermögen des Bundes) eingeplant. Vorliegende und künftige förderfähige Anträge können somit mit bis zu 85 % berücksichtigt werden, darüber hinaus wurde sich mit dem Land zu den Themen Erlass von Förderbescheiden, haushaltsrechtliche Veranschlagungsreife, Fristen der Mittelverwendung und mögliche Verlängerungen geeinigt.
Nach kommunalen Rückmeldungen liegen bereits Anträge für rund 400 Maßnahmen vor. Für die noch ausstehenden Vorhaben besteht nun Planungssicherheit, sofern die Förderfähigkeit gegeben ist.
Weiterführende Informationen zum Investitionsprogramm Ganztagsausbau finden sich auf den Seiten der IB.SH.
Betriebskosten Ganztag: Verständigung auf einen Erstattungsmechanismus
Land und Kommunale Landesverbände haben sich – in Abkehr von der bisherigen Richtlinienlogik mit Antrag-, Bewilligungs- und Verwendungsnachweisverfahren – auf einen vereinfachten Erstattungsmechanismus zur Betriebskostenfinanzierung geeinigt. Ziel sind weniger Bürokratie, digitale Abläufe und eine verlässliche, strukturelle Beteiligung.
Die Kernelemente der Verständigung sind:
- Landesbeteiligung an Betriebskosten: 75 % (kommunaler Anteil 25 %)
- Personalkosten: Anerkennung der Ist-Personalkosten bis zu einer Obergrenze, die sich rechnerisch an 2 Fachkräften pro 25 Schülerinnen und Schüler orientiert und auf die in Anspruch genommenen schulischen Ganztags- und Betreuungsplätze bezieht
- Sach- und Betriebskosten werden als Pauschalen erstattet:
– 700 € je belegtem rechtsanspruchserfüllenden Platz/Jahr (Regelfall)
– 1.400 € bei Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung (GE)
– 1.100 € bei anderen Förderschwerpunkten - Zusätzliche Erstattung für Qualitätsentwicklung: Für Angebote mit Kooperationspartnern, insbesondere Vereinen und Verbänden des Sports und der kulturellen Bildung, sowie für den Besuch eines außerschulischen Lernortes, stehen insgesamt bis zu 300 Euro pro besetztem Ganztags- und Betreuungsplatz und pro Jahr zur Verfügung
- Elternbeiträge:
– Höchstsatz 135 € pro Monat
– Sozialstaffel und Geschwisterermäßigung analog zu § 7 KitaG
– Abzug des Ist-Aufkommens; fiktive Anrechnung von 60 €/Monat als Aufgriffsschwelle, falls vor Ort deutlich niedrigere Beiträge erhoben werden - Abrechnung: Automatisierte, digitale Erstattung pro Schulhalbjahr auf Basis weniger Kennzahlen: belegte Plätze, IST-Personalkosten, eingenommene Elternbeiträge.
Damit wird die bisherige, aufwändige Richtliniensystematik durch ein aufwandreduziertes Erstattungsverfahren ersetzt, das die kommunale Verantwortung respektiert und gleichzeitig Transparenz und Verlässlichkeit schafft.
Für die nicht unter den Rechtsanspruch fallenden Angebote (also insbes. für die noch nicht vom Rechtsanspruch erfassten Jahrgänge) wird die Richtlinie „Ganztag und Betreuung“ einmalig bis zum Ende des Schuljahrs 2029/2030 verlängert.
Derzeit prüft das Bildungsministeriums, ob der so geschaffene Erstattungsmechanismus in Form einer Richtlinie beschrieben und in Kraft gesetzt werden kann, und ob anderweitige gesetzliche Regelungsnotwendigkeiten bestehen. Ein Entwurf soll zeitnah nach den Sommerferien (Zieldatum: 8. September 2025) vorgelegt und zur Anhörung gebracht werden.
Ausblick
- Allgemeines zum Rechtsanspruch: Ab August 2026 startet die Stufe Klasse 1 –jährlich bis 2029/30 kommen die weiteren Jahrgänge hinzu.
- Investitionen: Nachdem die Landesregierung und die Kommunalen Landesverbände am 17. Juni 2025 eine Ausfinanzierung des Programms vereinbart haben, besteht für die Schulträger Planungssicherheit. Für alle vorliegenden und künftig noch im Rahmen der Antragsfrist zu erwartenden Anträge trägt das Land 85% der förderfähigen Kosten.
- Betriebskosten: Über das aufwandreduzierte Erstattungsverfahren erhalten Schulträger eine 75%ige Erstattung der Betriebskosten. Die genaue Ausgestaltung des Verfahrens, bspw. in Form einer Richtlinie, bleibt bis nach den Sommerferien 2025 abzuwarten und ist dann letztendlich im Anhörungsverfahren zu beurteilen.
Mit den getroffenen Vereinbarungen in Schleswig-Holstein sind die finanziellen Eckpfeiler gesetzt. Entscheidend für eine erfolgreiche Umsetzung des Ganztagsanspruches ab 2026 sind jetzt die zügige Bewilligung und Bescheidung der Investitionsmittel für den Ganztagsausbau sowie die zeitnahe Veröffentlichung der Regelungen für die Erstattung der Betriebskosten.
Weitere hilfreiche Links
- Informationen des Bundes zum Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung:
https://www.bmbfsfj.bund.de/bmbfsfj/service/gesetze/gesetz-rechtsanspruch-ganztagsbetreuung-grundschulen-178966 - Serviceagentur Ganztag Schleswig-Holstein:
https://sag-sh.de/ - Formulare und Ansprechpersonen Ganztag Bildungsministerium:
https://www.schleswig-holstein.de/DE/fachinhalte/G/ganztagsschule/Formulare?nn=df926c83-d341-478b-995b-81d460f4f866
Im Text verlinkte Seiten/Dokumente
- Ganztagsförderungsgesetz:
https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl121s4602.pdf#/text/bgbl121s4602.pdf?_ts=1756211463469 - Homepage Bildungsministerium zum Ganztag:
https://www.schleswig-holstein.de/DE/landesregierung/themen/bildung-hochschulen/ganztagsschule - Mitteilung des Ministeriums für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung Kultur Schleswig-Holstein zum Hintergrund des Rechtsanspruches Ganztag 2026/2027:
https://www.schleswig-holstein.de/DE/landesregierung/ministerien-behoerden/III/_startseite/Artikel_2025/Juli_2025/Material/Hintergrund_Ganztag.pdf?__blob=publicationFile&v=1 - Rahmenkonzept zur Qualität im Ganztag für Kinder im Grundschulalter:
https://www.schleswig-holstein.de/DE/fachinhalte/G/ganztagsschule/Downloads/Paedagogisches_Konzept_Ganztag?nn=df926c83-d341-478b-995b-81d460f4f866 - Pressemitteilung der KLV zum möglichen Scheitern des Ganztagsausbaus:
https://www.staedteverband-sh.de/wp-content/uploads/Pressemitteilung_ARGE_03_25-Ganztagsausbau-1.pdf - Vereinbarung vom 15.07.2025:
https://www.schleswig-holstein.de/DE/landesregierung/ministerien-behoerden/I/Presse/_documents/250715_einigungspapier_klv.pdf?__blob=publicationFile&v=1 - IB.SH zum Investitionsprogramm Ganztagsausbau:
https://www.ib-sh.de/produkt/investitionsprogramm-ganztagsausbau-ggsk-ii/ - Vereinbarung Erstattungsmechanismus:
https://www.schleswig-holstein.de/DE/landesregierung/ministerien-behoerden/I/Presse/_documents/250715_einigungspapier_klv_anlage1.pdf?__blob=publicationFile&v=2

