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Zensus 2011 – Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19. September 2018 zu den Normenkontrollanträgen der Stadtstaaten Hamburg und Berlin

Das Bundesverfassungsgericht hat am 19. September 2018 über die Normenkontrollanträge der Länder Hamburg und Berlin entschieden.

Die Normenkontrollanträge wurden mit einer Entscheidung, die das Gericht im Verkündungstermin als „Gegenstück zum Volkszählungsurteil von 1983“ bezeichnete und rund zweieinhalb Stunden lang verkündete, als unbegründet abgelehnt.

Das Gericht hat entschieden, dass die von den Antragstellern angegriffenen Zensusvorschriften verfassungsgemäß sind. In materieller Hinsicht hat das Gericht Anforderungen an den Zensus formuliert, die nach Auffassung des Gerichts durch die angegriffenen Zensusvorschriften des Bundes zum Zensus 2011 gewahrt wurden. Ferner hat das Gericht die einstweilige Anordnung, mit der die Löschung der bislang noch vorhandenen Zensusdaten gestoppt worden war, mit sofortiger Wirkung aufgehoben.

Ferner ist zur Entscheidung folgendes kursorisch zusammenzufassen:

1. Das Gericht hat ausgeführt, dass die Regelungen des Zensus 2011 „Projektcharakter“ hatten. Es hat dem Gesetzgeber für die Regelung des Erhebungsverfahrens einen Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum eingeräumt und die Voraussetzung aufgestellt, dass die gesetzlichen Regelungen den an eine „gültige“ Prognose zu stellenden Anforderungen genügen müsse. Weitere prozedurale Anforderungen an das Gesetzgebungsverfahren seien nach Auffassung des Gerichts nicht zu stellen. Es hat betont, dass eine „gültige“ Prognose auch dann vorliegen kann, wenn sich diese im Nachhinein als falsch erweist. Entscheidend sei, ob im Zeitpunkt der Gesetzesformulierung eine „gültige“ Prognose vorlag. Das Gericht war der Auffassung, dass die angegriffenen Zensusvorschriften des Bundes diesen Anforderungen genügen. Als „Kehrseite“ des Gestaltungs- und Entscheidungsspielraums hat das Gericht die Pflicht des Gesetzgebers formuliert, die Folgen der Vorschriften auszuwerten und dort, wo sich Mängel bzw. Nachbesserungsbedarf ergebe, für die Zukunft nachzusteuern. Hierzu wurde bzgl. des konkreten Falls auf durchgeführte Evaluationen usw. und deren Ergebnisse verwiesen.

2. Soweit Rechtsstellung, Finanzkraft und Finanzbedarf der Kommunen von ihrer Einwohnerzahl beeinflusst werden, beruhe dies nach Ansicht des Gerichts typischerweise auf landesrechtlichen Regelungen des Kommunal- oder Kommunalfinanzverfassungsrechts. Ein dem Bund zurechenbarer Eingriff in die Rechtsstellung der Kommunen sieht das Gericht darin nicht. Daraus folge letztlich, dass gerade die finanziellen Konsequenzen der Einwohnerzahlfeststellung aus Sicht des Gerichts keinen Eingriff in kommunale Rechte darstellen, mithin hieraus auch nicht die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Zensusvorschriften des Bundes folgen könne, soweit die Konsequenzen – z.B. geringere Mittel aus dem kommunalen Finanzausgleich wegen (zu) geringer Einwohnerzahlen gemäß den Zensusergebnissen – Resultat einer landesrechtlichen (oder anderen nicht bundesrechtlichen) Regelung sind. 

Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass nach dem Urteil des BVerfG die angegriffenen Zensusvorschriften des Bundes verfassungsgemäß sind. Zu klären bleibt, inwieweit die Zensusklageverfahren der Kommunen aus anderen Gründen erfolgreich sein können.

Aus Sicht der Geschäftsstelle wird nun im Musterverfahren der Stadt Flensburg beim Verwaltungsgericht zu klären und abzuwarten sein, wie sich das Urteil auswirkt und Bedeutung für den Zensus 2021 entfaltet.

Die Geschäftsstelle wird die Mitglieder und die widerspruchsführenden Städte zeitnah weiter unterrichten.

Das Urteil steht nachfolgend zum Download zur Verfügung.

Urteil des Bundesverfassungsgericht vom 19. September 2018 zu den Zensusanträgen von Berlin und Hamburg

 

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Claudia Zempel
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