Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 01.03.2016 sein Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-443/14 und C-444/14 (Kreis Warendorf / Ibrahim Alo und Amira Osso / Region Hannover) verkündet.
Der EuGH hat geurteilt, dass Wohnsitzauflagen für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutzstatus grundsätzlich einen Verstoß gegen deren Freizügigkeitsrecht darstellen, aber zulässig sind, wenn sie in stärkerem Maße mit Integrationsschwierigkeiten konfrontiert sind als andere Personen, die keine EU-Bürger sind und sich rechtmäßig in dem Mitgliedstaat aufhalten, der diesen Schutz gewährt hat.
Regelungen über Wohnsitzauflagen oder Residenzpflichten für Flüchtlinge sind damit grundsätzlich möglich. Der EuGH hat sich in seiner Entscheidung auch mit der Frage beschäftigt, dass Ortsveränderungen von Empfängern sozialer Leistungen oder ihre ungleiche Konzentration zu einer unangemessenen Verteilung der mit diesen Leistungen verbundenen finanziellen Last auf die zuständigen Träger führen können. Eine solche ungleichmäßige Lastenverteilung hängt jedoch, so der EuGH, nicht speziell mit der etwaigen Eigenschaft der Leistungsempfänger als Personen mit subsidiärem Schutzstatus zusammen. Unter diesen Umständen steht die Richtlinie einer Wohnsitzauflage entgegen, die allein Personen mit subsidiärem Schutzstatus erteilt wird, um eine angemessene Verteilung der mit der Gewährung der fraglichen Leistungen verbundenen Lasten zu erreichen.
Dagegen wird das Bundesverwaltungsgericht nun zu prüfen haben, ob Personen mit subsidiärem Schutzstatus, die Sozialhilfe beziehen, in stärkerem Maß mit Integrationsschwierigkeiten konfrontiert sind als andere Nicht-EU-Bürger, die sich rechtmäßig in Deutschland aufhalten und Sozialhilfe beziehen. Sofern sich diese beiden Personengruppen im Hinblick auf das Ziel, die Integration von Nicht-EU-Bürgern in Deutschland zu erleichtern, nicht in einer vergleichbaren Situation befinden, steht die Richtlinie einer Wohnsitzauflage für Personen mit subsidiärem Schutzstatus zur Förderung ihrer Integration nicht entgegen. Dies gilt auch dann, wenn die Auflage nicht für andere Nicht-EU-Bürger gilt, die sich rechtmäßig in Deutschland aufhalten.
Claudia Zempel
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